You are welcome to turn up in the overflow spaces of critical, collective design ...
Die Universität für Angewandte Kunst Wien gründet die Victor J. Papanek Foundation. 40 Jahre nach Veröffentlichung der englischen Originalfassung des meistgelesendsten Design-Manifestes aller Zeiten “Design for the Real World – Human Ecology and Social Change” von Victor Papanek. Eine zweitägige Konferenz mit akademischen VertreterInnen aus dem angelsächsischen Bereich untersuchte die aktuelle Relevanz von Papanek´s kritischen Sichtweisen auf die Design-Profession:
Bei seinem Impulsreferat in Wien unterstreicht John Thackara die Bedeutung von temporären Communities, die “below the radar” mit alternativen Gesellschaftsmodellen und Lebensstilen experimentieren, er erwähnt das britische Festival der Secret Garden Party und ein Gruppe von jungen Franzosen, die in der Nähe seines jetzigen Wohnorts in Frankreich Steinhäuser errichten. Mit ihm gemeinsam praktizieren die Architektur-Historikerin Felicity D. Scott, die an der Columbia University in New York “ Critical, curatorial & conceptual practices in architecture”, origineller Weise CCCP abgekürzt, unterrichtet, der Industrial Designer Anthony Dunne, nunmehriger Professor of Design Interactions am Royal College of Art in London sowie Jamer Hunt, Direktor des Graduate Programs in Transdisciplinary Design an der New School for Design in New York City “Design through Debate”, also Design als Diskurs. Felicity D. Scott appelliert an die Risikobereitschaft von DesignerInnen. Sie versteht Design als eine experimentelle Praxis, die als strategisches Instrument Alternativen “that might attract, alter and effect one´s existence” aufzeigen kann.
Jamer Hunt erinnert in seinem Vortrag an die Berücksichtigung von Skalierungen bei Design-Prozessen: “Scale is an interesting lense. With the scale the problems, the opportunities and the ways to intervene change.” Er gesteht ein, dass Design vor allem einer bourgeoisen Kultur entspringt und sich seine priviligierten StudentInnen zwar die teure Ausbildung aber keine allzu radikalen Avantgarde-Ideen leisten. Auf die Frage einer anwesenden New Yorkerin, die einer der über 80 lokalen Occupy Wall Street - Gruppen angehört, welche Rolle denn nun DesignerInnen in dieser Bewegung spielen können, meldet sich der eher humble & passiv wirkende Anthony Dunne lapidar zu Wort: “Designers are citizens and consumers, too.” Conclusio nach dem ersten Konferenztag: There is no prescription for rebellion.
Am zweiten Konferenztag übernimmt Guy Julier, Research Fellow für Contemporary Design am Victoria & Albert Museum in London, die Rolle des Moderators dieser wieder sehr kohärenten Expertenrunde. Neu dabei ist Björn Franke, Lektor für Designgeschichte und -theorie an der Universität für Angewandte Kunst Wien und Dozierender an der Zürcher Hochschule der Künste. Guy Julier fasst die gesellschaftspolitisch relevantesten Veränderungen seit dem Erscheinen von Vicor Papaneks polemischer Streitschrift “Design for the Real World – Human Ecology and Social Change” folgendermassen zusammen: “The awareness of climate change, the introduction of the internet, the end of the Cold War, urbanization tendencies, demographic changes through migration, the globalisation of production and an aging population.”
Es wird der Wunsch nach mehr Design-Aktivismus und einer Abkehr vom “western centric approach of thinking” artikuliert. Design sollte nicht mehr wie im historischen Sinne mit einem Objektfetischismus gleichgesetzt werden, oder um es mit den Worten von Jamer Hunt zu verdeutlichen: “Design has to move beyond building things like posters & toasters. Design has to think about platforms, systems, services, rules.“ Das idiologische Konstrukt einer solution-based bzw. Endprodukt-orientierten Praxis sollte neu überdacht werden. Eine wichtige Funktion von “Design through Debate” ist bereits das Herausarbeiten und Veranschaulichen von Problemen und Fragestellungen. Eine Rekonfiguration der Disziplin “Design” als Übersetzerin von Ideen in Objekte scheint angebracht: “Design is not always an additive process. Eliminate things instead of adding more. Understand design as a reductive kind of practice!”
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TEXT: Michael-Franz Woels
Donnerstag, 24. November 2011
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