Dienstag, 31. Mai 2011

Interview mit Konrad-Paul Liessmann


Der österreichische Philosoph Konrad-Paul Liessmann verortet im Gespräch Begrifflichkeiten wie die Performative Gesellschaft, den Möglichkeitssinn des Menschen rekurrierend auf räumliche Gegebenheiten und die Schutzfunktion des Rituals.

Zur philosophischen Deutung von verschiedenen Raum-Begriffen: zuerst der Freie Raum...

Der Raum ist philosophisch ein ehrwürdiger Begriff, das muss uns klar sein. Der Raum ist ja auf der einen Seite der erlebbare, ertastbare, begehbare Raum. Der Raum kann vor allem auch wenn er unbegrenzt erscheint auf der einen Seite dieses Symbol der Freiheit sein, auf der anderen Seite auch eine bedrohliche Dimension haben – diese Leere. Jeder Horrorfilm beginnt mit dem leeren Raum, dieses Bedrohliche, das, was man besetzen kann.

Bei Immanuell Kant und seinen Nachfolgern spielt der Raum als Anschauungs- und Vorstellungsform eine ganz große Rolle. Eine Vorstellung, die wir voraussetzen müssen, damit wir die Welt überhaupt wahrnehmen können Wir können uns keine Welt denken, die wir uns nicht vorstellen können. Das sind jetzt zwei Ebenen, bezogen auf den physikalischen, erfahrbaren Raum.

Wenn man jetzt von den Freien Räumen spricht, kommt die metaphorische, symbolische Ebene dazu. Der Freiraum ist etwas, wo man sich auch geistig bewegen kann. Freiräume sind Räume, wo es gewisse Regeln nicht gibt. Wo bestimmte Regeln zu bestimmten Zeiten außer Kraft gesetzt sind. Freiräume können auch Utopien sein, die in den realen Räumen nicht passieren oder nicht passieren können. Also der Begriff des Freien Raumes läßt eine ganze Reihe von Assoziationen zu.

Möglichkeitsraum?

Der Begriff Möglichkeitsraum ist ja schon eine Form um Möglichkeiten einzuschränken. Das muss man aber nicht, dank des Möglichkeitssinns des Menschen. Möglichkeiten sind ja noch etwas nicht realisiertes, gleichsam etwas, das noch antizipiert werden kann, was in der Phantasie sein kann, was nur gedacht ist, was nur erahnt sein kann, was Moment oder Resultat eines Durchspielens von Varianten sein kann.

Das ist das Entscheidende, dass der Mensch einen Möglichkeitssinn hat, dass er nicht der Wirklichkeit verpflichtet ist. Und der Möglichkeitsraum ist eine Variante dieses Möglichkeitssinns, der sehr stark auf das Räumliche rekuriert. Auf der einen Seite wird ein Raum eröffnet, auf der anderen Seite wird durch das Eröffnen der Raum auch schon wieder begrenzt. Der Möglichkeitsraum deutet schon an: hier kannst du, aber woanders nicht.

Verkaufter Raum – die Stadt, der öffentliche Raum als verkaufter Raum?

Jetzt muss man natürlich aufpassen. Man kann mit verkauften Räumen Räume meinen, die privatisiert werden, die tatsächlich verkauft werden. Man kann damit meinen, dass Raum etwas ist, was man überhaupt nicht kaufen oder verkaufen kann. Da gibt es wenige Areale auf dieser Erde, wo das tatsächlich zutrifft. Zum Beispiel die Antarktis, da hat man sich international geeinigt, dass man sie nicht in Besitz nehmen darf. Ähnliches gilt für den Weltraum, wo es auch internationale Konventionen gibt, dass der Weltraum allen, die die Technologie beherrschen, offen stehen muss. Das gilt in eingeschränktem Maße für die Meeresoberfläche. Es gibt diese Hoheitsgewässer, wo Staaten Besitzansprüche stellen können, wo fremde Fischer nichts zu suchen haben und fremde Kriegsschiffe schon gar nichts zu suchen haben. Soweit ich informiert bin, ist der feste Boden auf dieser Erde entweder im öffentlichen oder privaten Besitz. Und dann kann man prinzipiell die Frage stellen, wann begann die Idee, Raum als Besitz aufzufassen. Das muss irgendwann einmal begonnen haben.

Nomaden und Freibeutergesellschaften kannten nicht den Besitz an Grund und Boden. Das muss mit dem Ackerbau eingesetzt haben. Dann gab es verschiedene Formen von Gemeineigentum. Es gibt ja auch heute noch öffentliche Räume wie Parks und dergleichen mehr, die gehören der öffentlichen Hand, uns allen, aber sie gehören jemanden, der Gemeinde, der Stadt, der Republik. Und dann gibt es Privatbesitz an Grund und Boden, an Räumen. Wie jeder Besitz kann der ge- und verkauft werden. Es stellt sich die Frage, wenn etwa etwas im öffentlichen Besitz privatisiert wird, ob das tunlich ist, ob das gestattet ist, ob es im Dienst des Allgemeinwohls ist.

mehr lesen:
skug.at

FOTO (c) MICHAEL-FRANZ WOELS

Montag, 9. Mai 2011

LX4 built landscape









Vortragsreihe Landschaftsarchitektur 2011
4 Abende - 4 Länder - 4 LandschaftsarchitektInnen präsentieren ihre aktuellen Arbeiten



31.5.2011 I 19:00 Portugal: Joao Ferreira Nunes, proap Lissabon
7.6. 2011 I 19:00 Slowenien: Alenka Korenjak, prostoRož, Ljubljana
20.10.2011 I 19:00 Niederlande: Ricky Rijkenberg, büro b + b, Amsterdam
10.11.2011 I 19:00 Schweiz: Martina Voser, vi.vo architektur.landschaft, Zürich